201401.08.

Datenschutzrechtliche (Un-) Zulässigkeit von Videokameras in PKW: Fachveröffentlichung in NZV

Gemeinsam mit RA Matthias Lachenmann habe ich einen Beitrag zum Thema „Datenschutzrechtliche (Un-)Zulässigkeit von On-Board-Kameras in PKW“ in Ausgabe 7/2014 der Neuen Zeitschrift für Verkehrsrecht veröffentlicht. Der Beitrag untersucht, inwieweit der Betrieb von Innen- und Außenkameras im Straßenverkehr zulässig ist, wie gegen rechtswidrigen Betrieb vorgegangen werden kann und vergleicht die deutsche Rechtslage mit weiteren Ländern. Auch Welt Online hat das Thema aufgegriffen, berichtet unter dem Titel „Unsere cleveren Autos fahren im rechtsfreien Raum“ über das “intelligente Auto” und nimmt dabei auch auf unsere NZV-Beitrag Bezug.

Hinweis: RA Lachenmann wird zur allgemeinen Zulässigkeit von Videoüberwachung am 12. September 2014 auf der Tagung der Herbstakademie der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik e.V. (DGRI) vortragen.

Unser Ergebnis:

Die Rechtmäßigkeit von Überwachung durch Videokameras richtet sich nach § 6 b I Bundesdatenschutzgesetz („BDSG“) ist nur zulässig, soweit sie der Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, der Wahrnehmung des Hausrechts oder der Wahrung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke dient. Die Wertungen des BDSG sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen des zivilrechtlichen Abwehranspruchs zu berücksichtigen, selbst wenn das BDSG keine Anwendung findet.

Im öffentlichen Nahverkehr ist der Betrieb von On-Board-Kameras nach § 6b Abs. 1 Nr. 2 BDSG zur Wahrung des Hausrechts grundsätzlich zulässig:
Die Aufsichtsbehörden legen den öffentlichen Nahverkehrsbetreibern jedoch hohe Anforderungen zum rechtmäßigen Betrieb auf, vgl. dazu LDI NRW: Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln.

On-Board-Kameras in Taxis, die dauerhaft den Innenraum aufzeichnen, sind unzulässig:
Videoaufnahmen von Fahrgästen in Taxis erreichen eine deutlich höhere Eingriffsintensität in die Persönlichkeitsrechte der Fahrgäste als im öffentlichen Nahverkehr. Eine anlasslose Videoüberwachung, durch die generell sowohl die Fahrgäste als auch das gesamte Geschehen im Fahrgastbereich permanent aufgezeichnet werden, ist weder erforderlich noch verhältnismäßig. Es ist dem Fahrgast nicht zuzumuten unter ständiger, anlassloser Überwachung zu stehen.

Eine solche Videoüberwachung kann auch nicht durch berechtige Interessen der Taxifahrer gerechtfertigt werden. Den – zweifellos wichtigen – Sicherheitsinteressen der Fahrer kann anderweitig ausreichend Rechnung getragen werden (z.B. stiller Alarm; GPS-Notruf; Einzelbildaufnahmen beim Einsteigen), vgl. dazu auch den Beschluss der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich vom 26./27. Februar 2013 und die Stellungnahme des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein vom 11. Januar 2012.

On-Board-Kameras in privaten PKW, sog. Dashcams, die nach außen filmen, sind regelmäßig rechtlich unzulässig:
Videokameras, die aus einem PKW heraus den Verkehr aufnehmen, sind grundsätzlich rechtswidrig. Für Private besteht kein Recht auf Überwachung des öffentlichen Raumes. Der BGH nimmt bei zu Videoaufnahmen von öffentlichen Wegen grundsätzlich „eine schwerwiegende Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts“ der Betroffenen an. Eine dauerhafte Aufzeichnung ist zudem nicht erforderlich und nicht verhältnismäßig. Ihr stehen schutzwürdige Betroffeneninteressen entgegen. Die gesetzliche Aufgabe zur Feststellung eines Fehlverhaltens von Verkehrsteilnehmern obliegt der Polizei. Dies gilt sowohl im fließenden Verkehr (wo Betroffene nicht ausweichen können und für sie nicht erkennbar gefilmt werden), als auch bei stehenden PKW, z.B. im Parken zum Schutz vor Fahrerflucht. Unerheblich ist dabei, ob die Kameras regelmäßig aufzeichnen oder nur mittels Bewegungsmelder. Denn selbst wenn nur ein Bewegungsmelder aktiv wäre, wird dieser einerseits im fließenden Verkehr regelmäßig aktiviert. Andererseits hat sich der BGH schon klar geäußert, dass auch Kamera-Attrapen unzulässig sind – dies hat dann erst Recht für Kameras mit Bewegungsmelder zu gelten, die tatsächlich filmen und von denen der vom BGH für rechtswidrig erklärte Überwachungsdruck ausgeht.

Abschließend vergleicht der Beitrag die deutsche Rechtslage mit der Rechtslage in Belgien und Großbritannien und zeigt Gemeinsamkeiten (Zulässigkeit im ÖPNV) sowie Unterschiede (insbesondere Meldepflichten) auf.

Der Beitrag ist bei Beck Online verfügbar.